Betreff: Schule

Ich bin dann mal weg!

Warum ich mich für ein FSJ in Namibia entschieden habe

Hey, mein Name ist Anna. Ich bin 19 Jahre alt und werde im Verlauf des nächsten Halbjahres hier am Grimmels mein Abitur schreiben. Wie viele andere in meinem Alter, habe ich mir in den vergangenen Monaten viele Gedanken über meine Zukunft gemacht. Besonders durch die Corona-Pandemie habe ich die nötige Zeit und Ruhe gefunden, mich ernsthaft mit diesem Thema auseinanderzusetzen und habe darüber hinaus einige Dinge über mich selbst gelernt. Deswegen kann ich behaupten, dass das Corona-Virus für meinen persönlichen Alltag nicht nur einschränkend, sondern tatsächlich entschleunigend war und ich dadurch nun deutlicher sehen konnte, was ich wirklich nach meinem Abitur machen möchte.  

Mir ist klar geworden, dass ich meinen Horizont erweitern und vor dem Studium noch einmal etwas anderes sehen und machen möchte, um auch herauszufinden und zu überdenken, was genau ich eigentlich in meinem Leben machen kann und auch gerne tue. Deshalb zeichnete sich in den vergangenen Monaten deutlich ab, dass ich nach der Schule nicht gleich in ein Studium starte, sondern ein freiwilliges soziales Jahr absolvieren werde. Mit dieser Entscheidung habe ich mich hinter meinen Schreibtisch geklemmt und angefangen im Internet zu recherchieren, welche Möglichkeiten es für mich gibt. Und eins kann ich ganz klar sagen: Ich wurde von dieser riesigen Menge an Informationen und Möglichkeiten regelrecht überflutet und die eigene Motivation kann sehr schnell Richtung Nullpunkt gehen, weil man irgendwann einfach nicht mehr weiß, wo oben und unten ist. Aber, und das ist ganz wichtig, es lohnt sich wirklich dranzubleiben und sich in Ruhe einen Überblick zu verschaffen! Meist ist alles gar nicht mehr so kompliziert, wie es zunächst aussah. 

Besonders ansprechend empfand ich die Organisation Volunta, die der Träger für Freiwilligendienste des Deutschen Roten Kreuzes in Hessen ist. Volunta bietet unter anderem jungen Menschen zwischen 18 und 28 Jahren den entwicklungspolitischen Freiwilligendienst weltwärts an. Das weltwärts-Programm wurde 2008 vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) ins Leben gerufen, um junge Menschen in ihrem Engagement für die Welt zu unterstützen. Die verschiedenen Einsatzorte befinden sich in Entwicklungsländern Asiens, Afrikas, Lateinamerikas, Ozeaniens oder Osteuropas. Die Dauer eines Auslandsaufenthaltes kann zwischen sechs und 24 Monaten liegen, über Volunta mehrheitlich bei 12 Monaten.  

Da ich sehr gerne mit Kindern zusammen bin und in meiner Freizeit in meinem heimischen Turnverein und bei den Pfadfindern viel mit Kindern im Grundschulalter arbeite, war mir schnell klar, dass ich mich unheimlich gerne für sozial schwache Kinder in Afrika einsetzen möchte.  

Mitte Oktober habe ich mich schließlich bei Volunta für ein FSJ in Namibia beworben und habe nach einem Bewerbungsgespräch noch im Dezember freudig eine Zusage erhalten. Wenn Corona den anderen Freiwilligen und mir kein Bein stellt, werde ich ab August 2021 für ein Jahr in einer 4er-WG in Namibia leben und dort als pädagogische Assistenz in einer Primary School tätig sein. 

Der Kontinent Afrika hat mich schon immer gereizt. Wahrscheinlich aus dem einfachen Grund, dass die Natur Afrikas ein völlig anderes Erscheinungsbild besitzt und die Menschen eine ganz andere Kultur leben als wir hier zuhause in Deutschland. Schon als Kind habe ich oft zu meinen Eltern und Freunden gesagt, dass ich diesen Fleck der Erde unbedingt mal mit eigenen Augen sehen möchte. Tatsächlich hat es mich nie gereizt, nach der Schule ein Auslandsjahr in den USA oder Kanada zu machen. Dass man auch in diesen Ländern viel lernen und erleben kann, möchte ich auf keinen Fall abstreiten oder gar schlecht reden. Allerdings bin ich mir bewusst, wie privilegiert ich hier in Deutschland lebe, wie unreflektiert unser Konsumverhalten ist und wie all unser Tun nur auf Leistung abzielt. Ich bin im Wohlstand großgeworden, durfte zur Schule gehen, habe fließend Wasser, genug zu Essen und ein Dach über dem Kopf. Vielleicht klingt es für den ein oder anderen etwas befremdlich, wenn ich sage, dass ich das genaue Gegenteil erfahren, ja mit eigenen Augen sehen möchte. Aber es stimmt und ich bin mir bewusst, dass ich nach einem Jahr wieder in mein ach so privilegiertes Heimatland Deutschland zurückkommen werde. Da kommt bei dem einen oder anderen möglicherweise die Frage auf, wozu denn dann das Ganze? Ich weiß, dass ich die Welt alleine nicht verändern kann. Ziel des weltwärts-Programmes ist unter anderem zu sensibilisieren und Kompetenzen im Umgang mit Menschen in unterschiedlichen Ländern, Kulturen und Lebenswelten zu vermitteln und anderen auf Augenhöhe zu begegnen. 

In meinem Fall also geht es nicht darum, sich als reiche Deutsche in Namibia zu inszenieren und die Menschen dort wie Zootiere zu betrachten und durch einen dortigen Freiwilligendienst den eigenen Lebenslauf aufzuhübschen. Vielmehr geht es um die Entwicklung eines Bewusstseins für entwicklungspolitische Zukunftsfragen und die geeinte Welt, um sich auch nach dem Freiwilligendienst weiterhin mit diesen wichtigen Fragen zu beschäftigen. Ich möchte bewusst erleben, wie andere Menschen, die weniger haben als ich und mit denen wir uns unseren Planeten Erde teilen, leben und ihren Alltag bestreiten. Und ich möchte von ihnen lernen.  

Das ist der Grund, warum ich mich für einen Freiwilligendienst in Afrika entschieden habe.  

Anna Geissler 

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