Meinungsspektrum

Meine Corona-Zeit – Ein Erfahrungsbericht

Die Natur zieht mich wieder einmal zu sich hinaus. Gegen die plötzliche krankhafte Langeweile etwas tun. Ich beschäftige mich viel mehr mit mir selbst. Jetzt, wo es kaum noch Freunde gibt, die sich dieser komischen, ungewohnten Leere und Stille dieser Straßen stellen. Ich werde langsam zu meiner eigenen besten Freundin und ich glaube das war das Beste, was mir passieren konnte. Meine Gedanken sind lauter denn je und meine Träume werden spannender und komischer. Dieser unglaubliche Stress ist plötzlich ganz weit weg, irgendwo bei anderen, die es in dieser Zeit nicht so leicht haben. Intensiv. Ich kann meine Zeit als ganz schön intensiv beschreiben.  

Die Schmetterlinge, die sich an einem Frühlingsabend auf meine Hand setzen. Die Kühe, die wieder draußen auf den nun grünen Wiesen grasen. Selbst die Fliegen und Bienen summen plötzlich ganz laut um meinen Kopf. Und wenn die kleinen Ameisen nicht mehr auf meinem Bein einen Tanz veranstalten, dann habe ich wieder nur mich. Ich fange an, mich viel bewusster auf eine Bank im Wald zu setzen und sogar mal das Handy, meinen leider treuen Lebensgefährten, zuhause zu lassen. Der Ausspruch „Zur Ruhe kommen“ hat noch nie so eine große Bedeutung gehabt. Die Welt kommt zur Ruhe. Zu einem Lockdown. Zu einer langersehnten Pause. Selbst hier auf dieser Bank begegne ich kaum noch Leuten. Und falls dann doch mal ein älteres Ehepaar an mir vorbeiläuft, versucht man diese 1,5 Meter Abstand einzuhalten und es kommt eine so bedrückende und fremde Stimmung auf.  

Der Abstand lässt keine Umarmungen mehr zu, kein Händeschütteln. Nur ein Lächeln, versteckt unter diesen Masken. Der Mensch ist ein Herdentier. Mir fehlt die Nähe, dennoch bin ich mir selbst näher als je zuvor. Alles wird ganz still so ohne Fluglärm und den vielen reduzierten Autos. Mein Fahrrad besitzt keinen schweren grauen Staub mehr und ich bin diesen nun auch losgeworden. Ich habe das alles gebraucht und viel daraus gelernt und gezogen, den Konsum eingeschränkt, mehr Bewegung, meine Kontakte viel mehr geschätzt. Viele meinten, ihre Freiheit werde ihnen geraubt. Veranstaltungen werden abgesagt, Vereine und Geschäfte müssen schließen. Mir hat nichts davon gefehlt, im Gegenteil. Mein Kopf hat sich ganz schnell und wirr ausgeschaltet und ich konnte all das sortieren, was ich schon seit Jahren hätte ausmisten müssen. 

Merle Bresan 

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